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by Lilly Flowers |
Nun
ist er vorbei, unser letzter Urlaubstag dieser Berlinale. Zuerst
haben wir uns an den aussagekräftigen Dialogen von Hangmen Also
Die! / Auch Henker sterben erfreut. Es war Bertolt Brechts
einzige Hollywood-Arbeit, und eine, in der er mit dem Regisseur Fritz
Lang zusammen gearbeitet hat. Mit anderen vor den Nazis in die USA
Geflohenen, u.a. Hanns Eisler, der die Musik schrieb, realisierten
sie diesen Anfang 1943 fertig gestellten Film über das Attentat auf den
dritten Mannes des Nationalsozialismus, Heydrich, Ende Mai 1942 in
Prag. Wie in der realen Geschichte, stirbt Heydrich eine Woche später
an den Folgen des Attentats. Sonst entwirft der Film einen erfundenen
Hergang der Geschichte und verbindet spannend einen Attentäter mit
seinen Freunden im Untergrund und seinem normalen Leben, den
politischen Einschätzungen der Zivilbevölkerung und die Hoffnung
und Aufforderung zu einem gemeinsamen Handeln gegen die Nazis. In
einem schlauen Wechselspiel können die Partisanen den Nazis einen
Kollaborateur als Attentäter anbieten, diese akzeptieren
ihn aus Eigeninteresse, durchblicken aber das Spiel. Ein offenes Ende
über die brutale Gefährlichkeit der Nazis und die Notwendigkeit von
gemeinsamem Widerstand. Die Uraufführung von Hangmen Also Die! war
am 26.3.1943 in Los Angeles, der Kinostart in New York am 15.4.1943.
Die Erstaufführung in Europa, Paris, erfolgte am 27.8.1947. In der
BRD war die Erstaufführung am 3.4.1958 in Wiesbaden, im BRD-TV (WDR)
am 23.10.1974 und im DDR-TV am 9.9.1984.
Unabhängige
Gewerkschaften sind in Russland eine Alternative zu der an die
Arbeitgeber und den Staat angepassten offiziellen Gewerkschaft.
Regisseurin Svetlana Baskova reiste ein paar Jahre durch Russland und
hat sich mit Mitgliedern dieser unabhängigen Gewerkschaften, die
meist nur aus 200 - 300 Beteiligten bestehen, unterhalten. Daraus
entstand ihr Film Za Marksa... / For Marx..., ein Thriller
über die Bemühungen und die Solidarität der Menschen in diesen
unabhängigen Gewerkschaften. Bedroht fühlen sie sich nicht und doch werden in unserer Geschichte die Organisatoren eines Streiks ermordet. Zwei Menschen
sind tot, später noch mehr und die Polizei nimmt es zu Protokoll.
Das war es dann aber auch schon von staatlicher Seite. Der Gegenspieler im Film ist ein arroganter,
ungebildeter, jähzorniger Kapitalist, den Karrieristen in allem
unterstützen, um selbst ein Stück vom Kuchen ab zu bekommen. Endlich gesprochene Inhalte, endlich auch mal dreckige
Bilder - der nackte Mann unter der gammeligen Fabrikdusche ist faszinierend ästhetisch inszeniert - und endlich mal keine Weichzeichnerromantik - oh, haben wir das
vermisst. (Wir hätten gerne ein Plakat von der Duschszene). Anschauen, und nicht nur wegen dem Titel.
Auf
unseren allerletzten diesjährigen Berlinalefilm I Kóri / The Daughter waren wir
schon lange gespannt und machten uns dann spät abends nochmal
auf den Weg ins Kino. Eine Tochter in der Pubertät vermisst ihren Vater, den
sie drei Tage die Woche sieht, sonst lebt sie bei der Mutter. Doch
dann ist er einfach nicht mehr da, das Schloss seiner Schreinerei ist
ausgetauscht. So schleicht sie sich hinten über die Mauer rein. Auf
der Suche nach dem Vater schlendert sie dann durch die Stadt, in der auch
Demonstrationen stattfinden. Da wir in Griechenland sind, wissen wir, dass es dabei um die Wirtschaftskrise geht. Langsam erfährt
die Tochter, dass ihr Vater Schulden hat und sein
Geschäftspartner ihn wohl betrogen hat. Sie entführt dessen Sohn, die beiden kommen sich näher und gleichzeitig bleibt der kleine
Junge ihr Feind, sein Vater hält ihr den Vater vor. Sie droht, den Jungen
in der Schreinerei zu zersägen, wenn sie nicht das Geld für ihren
Vater bekommt. Uns tut dieser Teenager leid, weder Vater noch Mutter
scheint sich für die Tochter zu interessieren, geschweige denn auf gleicher
Ebene mit ihr zu sprechen. Sie ist ganz allein auf sich gestellt, ihre Eltern geben ihr keine Erklärungen, obwohl sie die Tochter in Abhängigkeit von sich sehen. Als es zum Showdown kommt, stehen Mutter und Vater verständnislos
vor der Tür der Schreinerei, der Vater geht hinein, die Schreinerei geht in Flammen
auf und schon ist der Film fast zu Ende.
Ein weiterer wortkarger Film am Schluss und so fügt sich der Kreis zu
unserem ersten Berlinalefilm 2013. Wir
hoffen, dass es 2014 mehr kämpferische Bewegungen und Widerstand in
den Berlinalefilmen geben wird. Und bitte, ohne diese Romantisierung
durch Weichzeichner und staubfreies Leben, dass schmälert jeden Erkenntnisgewinn. Dass es einen Unterschied zwischen Filmen und Leben gibt, wissen wir auch so.