Sonntag, 10. Februar 2013

Samstag..Tag 2..Indien, Portugal, Côte d'Ivoire, Spanien

Kino Delphi Deckenleuchte
by Lilly Flowers


      Im Kino Delphi, das mit der schönen Deckenleuchte, hatten wir heute unsere ersten zwei Filme. Und dieses Mal gab es viel sprachliches Mitteilungsbedürfnis. Ach, so ein Unterschied zu den dialogarmen Filmen von gestern. Vor dem Film Kya hua is shahar ko? / What Happened to This City? gab es eine kleine Einführung durch eine Mitarbeiterin des Projekts „Living Archive“, welches sich um die Digitalisierung und Restaurierung dieser Dokumentation von 1986 bemüht hat. Vor zwei Tagen war der Film in seiner gezeigten Form fertig gestellt worden. Die anwesende Regisseurin Deepa Dhanraj erzählte, wie das Filmteam während der Ausschreitungen zwischen Hindus und Muslimen im Jahr 1984 unterwegs war, um diese Zeit der Konflikte aufzunehmen. Deepa Dhanraj benennt es als zeigen des Aufkommens faschistischer Gruppen in der Stadt Hyderabad. Muslime und Hindus greifen sich, nach jahrelangem nebeneinander leben, an. Polizei und Politik fällt nichts besseres ein, als tagelange Ausgangssperren zu verhängen. Damit werden die Menschen von ihren Arbeitsplätzen und dem Lebensmitteleinkauf abgeschnitten. Es gibt einige Tote und Geschäfte werden geplündert und angezündet. Obwohl wir uns sehr weit entfernt von dem Ort und der Zeit fühlen, fängt uns der Film mit seiner intensiven Realität ein.
      Nach dem Film durften wir gleich sitzen bleiben und auf Terra de ninguém / No Man's Land warten. Vor ein paar Jahren hatte uns ein Lissaboner Jurist erzählt, er schreibe ein Buch über die Geschichte Portugals. Wir waren begeistert, da uns das Ende als Kolonialmacht, die Nelkenrevolution und die Aufarbeitung dieser Geschehnisse im Zusammenhang mit der Militärdiktatur immer unklar geblieben war. Doch als wir den zukünftigen Autor danach fragten, kam ein entschiedenes „aber nein“, niemals würde er über diesen Teil der Geschichte schreiben, dass sei ein viel zu heißes Eisen und kein Thema, über das jemand in Portugal sprechen wollen würde. Und jetzt dieser Film. In kurzen Sequenzen, die über fünf Tage gezählt werden, erzählt ein Mann, in einem leeren Haus auf einem Stuhl sitzend, aus seinem Leben. Er berichtet von seinen Gräueltaten während seiner Stationierung in der portugiesischen Kolonie Angola, seinen Jobs als Söldner, Leibwächter und Auftragsmörder. Und zum Schluss des Filmes erfahren wir, dass er ein Obdachloser ist, der unter einer Eisenbahnbrücke lebt. Er hat so faszinierend erzählt, doch stimmt das, was er gesagt hat? Wem glauben wir welche Geschichte? Wo ist hier die Wahrheit? Eine tolle Doku.
      Nachdenklich fahren wir zum Cubix am Alex und treffen auf Burn it up Djassa, ein Film der bei der jungen Bevölkerung der Elfenbeinküste als lustiger Film sehr gut ankommt, wie der Produzent nach dem Film erzählte. Sie haben mit einem kleinen Budget in kurzer Zeit gedreht und freuen sich, dass sie bei vielen Festivals eingeladen werden. Erzählt wird eine typische Geschichte des Landes, wie uns der Produzent erzählt. Leider konnten weitere Mitglieder des Filmkollektivs noch nicht anwesend sein, da es Einreiseschwierigkeiten gab...ach ja, wieder mal die Behörden. Der Film erzählt die Geschichte einer Familie ohne Vater, die Mutter ist nicht anwesend und der als Polizist Arbeitende kümmert sich um seine Schwester und den Bruder. Jung und noch nicht bereit, sich einzupassen, kommt es zum Brudermord. Ein guter Film und ein sympathischer Produzent.
      Das Gleiche gilt für die Crew und den Cast des nächsten Films, La Plaga / The Plague. Nach dem Film waren sie glücklich zu zwölft auf dem Podium, wir haben es ihnen gegönnt. Vier Jahre hat es gedauert, bis der Film nun zu uns kam. In der ländlichen Umgebung von Barcelona haben die Protagonisten viel von sich selbst gespielt: eine Altenpflegerin, ein Landwirt, ein Hilfsarbeiter und die alte Nachbarin, die ins Pflegeheim musste. Ihr Leben greift ineinander und manchmal läuft es nicht so schlecht, dann wieder schlechter. Doch kleine Freundschaften und Zuneigungen helfen in einem Leben, das aus dem Leben leben besteht.
      Wir sind sehr glücklich mit unserer heutigen Auswahl und gehen nun mit einem satten Gefühl ins Bett, um uns für morgen zu wappnen.

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