Donnerstag, 13. Februar 2014

Mittwoch, 12.2. ... von Australien nach Belgien, Leben in Estland und heute Abend noch von Peking nach Shanghai

Way to Berlinale Palast by Lilly Flowers
In Belgien, nach einer Kindheit in Australien
    Shay und ihr jüngerer Bruder Kaleb haben eine australische Mutter, die von Aborigines abstammt und einen belgischen Vater. Ihre unbeschwerte Kindheit verbringen sie mit der Familie in den weiten Australiens und wachsen nahe der Kultur ihrer Mutter auf. Die Mutter stirbt als Shay zehn Jahre alt ist. Daraufhin geht der Vater mit den Kindern in seine Heimat Belgien zurück. Als Naturwissenschaftler erklärt er sich Sterben und Tod rational als natürlichen Vorgang. Seinen Kindern ist diese Abgeklärtheit zu viel, sie trauern um ihre Mutter und finden diese Gefühle nicht bei ihrem Vater. Dazu kommt der schnelle Ortswechsel nach dem Tod der Mutter, der sie aus ihrem ganzen bisherigen Leben herausgerissen hat.
    Der Generationen-Film Above Us All ist nach einer wahren Geschichte erzählt und auch in seiner Machart eine halbe Dokumentation: die LaienschauspielerInnen durften die Charaktere mit ihrem eigenen Leben füllen, sie mussten sich nur an den Rahmen der Geschichte halten. Für den Dreh wurde die Kamera auf ein rechts drehendes Holzgestell montiert, dass auch die DarstellerInnen gleichmäßig mitbewegte. Die Idee dahinter war, eine gleichbleibende Zeitform zu finden, die nicht durch Zoom und Ortswechsel verwischt wird. Leider ging uns nach der Hälfte des Films dieses Drehen etwas auf den Keks, vielleicht, weil es so ungewöhnlich war. Vielleicht hätten wir es besser annehmen können, wenn sich die Regisseurin Eugenie Jansen nur für einen Effekt entschieden hätte. Sie drehte den Film aber auch noch in 3D. Uns war dieses dann etwas zu viel Handwerk, die Darstellung von unterschiedlichen Trauerkulturen hätten wir uns dagegen noch etwas intensiver gewünscht.

Coolness in Estland
    In dem estländischen Forumsfilm Free Range - Ballaad maailma heakskiitmisest ist der Beatnik James-Steve Dean-McQueen, im Film „Fred“ genannt, der Liebling aller Frauen. Freundin Marilyn, im Film die blonde Susanna, ist von ihm schwanger. Sein gut situierter zukünftiger Schwiegervater versucht es mit einem Job für ihn. Doch Freds dichterische Ader setzt sich durch und er fliegt raus. James emanzipiert sich langsam von Steve, der Trenchcoat weicht der Jeansjacke. Fred entscheidet sich bewusst dafür, mit den Händen zu arbeiten. Er will Geld verdienen, um sein Kind ernähren zu können. Doch sein Denken und Trinken kommt ihm in die Quere. Er hält es in keinem der eintönigen Jobs aus. Schlecht gelaunt und ziellos durch die Gegend streunend, entlockt ihm nur das Karussell fahren mit der unaufhörlich lächelnden Marilyn einmal selbst ein kleines Lächeln. Finstere Zeiten sind das dort, in Estland, da möchte man gleich ein Geheul anstimmen. Vielleicht hatte das auch Regisseur Veiko Öunpuu im Sinn, als er Free Range - Ballaad maailma heakskiitmisest drehte. Und über die Geschlechterbilder setzen wir ein weiteres Geheul an: die hilflos trinkende Mutter von Susanna schneidet sich die Vagina auf, weil ihr Mann fremd geht, oh je.

Mit dem Zug von Peking nach Shanghai
    Deshalb haben wir uns sehr über die emanzipiert rauchende und laut Jazz hörende Marlene Dietrich im Shanghai Express gefreut. Doch will sie mit ihrer großen Liebe nur zurück zu Küche und Herd, wie unsere Diskussionspartner behaupteten? Sie trifft im Zug von Peking nach Shanghai ihren verflossenen Geliebten wieder. Nach schönen und humorvollen Dialogen und gefährlichen Abenteuern, kommen sich die beiden erneut näher. Wer könnte ihnen diesen Wunsch verübeln im Zeitalter der romantischen Zweierbeziehung. Schön anzuschauen ist das Spiel von Frau Dietrich allemal, wie auch von Anna May Wong, als unergründbare Chinesin. Es war ein Vergnügen dem Geschehen zuzuschauen, was auch an der Kameraführung von Lee Garmes liegt, der im Jahr 1932 einen Oscar dafür erhielt.

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