Freitag, 24. Februar 2012

Unser Tag "Neun": Südkorea und Westsahara

Image by Betty Schnee
Ach ja, Wandeukyi (englischer Titel: Punch, und damit nicht wirklich ins Deutsche übersetzbar). Als wir aus dem Kino kamen, dachten wir mal wieder: so ein toller Film! Ein Generationenfilm über einen Jungen mit einem Vater, der nicht dem gängigen Männlichkeitsideal entspricht. Mit einer Mutter, die der Vater verheimlicht, da sie eine in Südkorea rassistisch ausgegrenzte Arbeitsmigrantin aus den Philippinen ist. Sie verschwindet kurz nach der Geburt des Sohnes, damit dieser nicht als Halb-Philippino stigmatisiert wird. Was den Jungen Wan-deuk emotional am meisten beschäftigt, ist die schlechte Behandlung durch seinen Klassenlehrer. Ein Typ, der auf cool und kumpelhaft macht und bissige Sprüche drauf hat. Irgendwie scheint er seine Klasse samt Wan-deuk dennoch zu mögen, hat aber als intellektueller Soziologielehrer kein positives Bild der südkoreanischen Gesellschaft. Der Regisseur Han Lee schafft es wunderbar, aus diesen durch den gewöhnlichen Alltag zusammenwirkenden Personen eine witzig-ironische und bunte Mischung zu machen, die frisch wie ein Sommerstrauß wirkt. Die Szenen zwischen den Dachwohnungen im Sonnenuntergang, mit bösem Nachbarsgeschrei, attraktiver und biertrinkender junger Frau, die den schnoderigen Lehrer anbaggert und dazwischen der wortkarge Junge und sein Künstlervater, ein Film, wolkig leicht, mit gesellschaftspolitischem Tiefgang, und auch deshalb was fürs Herz.

Wilaya bedeutet "Region", erklärte uns ein auch im Kino sitzender Bekannter, der schon ein paar Mal an den Orten war, die wir in dem so benannten Film nun sehen durften. Gemeint ist damit die Region Westsahara, ein ehemals von der spanischen Kolonialmacht besetztes Land, das nach deren Abzug größtenteils von Marokko annektiert wurde. Zurück blieb ein schmales Stück karger Steinwüste, dass heute von der Befreiungsbewegung Polisario kontrolliert wird. Die dort lebenden Sauhris verteilen sich auf vier große Flüchtlingslager, ein fünftes wird gerade gebaut, sie warten immer noch auf ihre völkerrechtliche Anerkennung. Aus dieser politischen Geschichte schält Regisseur Pedro Pérez Rosado das Leben einer jungen Frau heraus, deren Eltern sie aus dieser Zukunftslosigkeit heraus zu Pflegeeltern nach Spanien gegeben hatten. Als ihre leibliche Mutter stirbt, besucht sie pflichtbewußt ihren Bruder und ihre gehbehinderte Schwester. Diese wohnen, wie die meisten anderen Sauhris auch, in Zelten und ihr größter Wunsch ist ein gasbetriebener Kühlschrank, denn Strom gibt es dort nicht. Die Nahrungsmitteln kommen von internationalen Hilfsorganisationen. Als unverschleierte und europäisch gekleidete Frau fällt sie auf, doch die LagerbewohnerInnen können das zuordnen. Sie möchte schnell wieder zurück in ihr Leben in Spanien, doch ihr Bruder will, dass sie bleibt und sich um die Schwester kümmert. Die im Film gezeigten Menschen schaffen es, sich in diesem Nichts mit Aussicht auf ein Leben im Wartestatus, eine Struktur zu geben. Diese schwere Lebensgeschichte, erzählt ohne falsche Dramatik, zeigt Menschen, die wegen staatlichem Nationalgebaren zu Hundertausenden ihr Leben in einer öden Wüste verbringen müssen. Die symphatischen Darsteller sind von diesem Ort in der Sahara und spielen uns ihre, eigentlich unglaubliche, Situation vor.

2 Kommentare:

  1. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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  2. Dear Betty, dear Lilly,

    leider gibt es bei Blog-Kommentaren auch so etwas wie "Spam". Der vorstehende Kommentar fällt leider unter diese Kategorie. Eigentlich dient er nur dazu, die Dienstleistung über die am Ende angeführte Webseite zu promoten. Schade...

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