Samstag, 7. Februar 2015

Freitag: westernliches Südafrika mit Londoner Agentenchic, dazu eine internationale Geschichte aus der Türkei

Cinema Arsenal by Lilly Flowers
Heute sind wir im Arsenal in unseren drei Filmen um die ganze Welt gereist.
   Zuerst brachte uns der südafrikanische Western "Umbango" (The Feud, 1986), komplett in isiZulu gesprochen, in den Wilden Westen. Mit dem obligatorischen Saloon, der First National Bank (die nicht überfallen wurde) und einem Sheriff ausgestattet, gab es einen High Noon Showdown mit Witz, Spannung und einer kleinen romantischen Einlage. KK, der feige Revolverheld, kommt in die Stadt und will seinen Bruder rächen. Dazu heuert er sich eine kleine Mannschaft aus zwielichtigen Gestalten an. Unser jugendlicher Held Jet, der leider auch nicht ganz frei von Schuld ist, kann jedoch mit seinem treuen Freund Owen den Frieden in der kleinen Stadt wieder herstellen.
   Dieses Werk gehört zu den sogenannten B-Scheme-Filmen, von denen über Tausend in Südafrika zwischen Anfang der 70er und Ende der 90er Jahre für ein schwarzer Publikum von meist weißen Produzenten hergestellt wurde.Tonie van der Merwe, Produzent, Regisseur, Kamermann und Cutter von mehr als dreihundert dieser Filme, besaß eine Baufirma. Als Filmfreund stieg er Anfang der 70er Jahre in die Filmproduktion ein und sah als zukünftigen Markt das schwarze Publikum, zu dem auch die bei ihm beschäftigten Bauarbeiter gehörten.
   Einer der ersten Filme, Regie Louis de Witt in Zusammenarbeit mit van der Merwe, ist die Agentenparodie "Joe Bullet" (1971), die bei manchen bestimmt auch als Fußballfilm durchgehen könnte. Dem Apartheitsregime passte dieser Film mit ausschließlich schwarzen DarstellerInnen und deren starker und lässiger Präsenz nicht ins System. Sie liesen ihn zensieren, offizielle Gründe dafür waren u.a., dass ein schwarzer Mann einen Sportwagen fuhr und ein Apartment mietete. Die selbstbewußte Selbstständigkeit von "Joe Bullet", gespielt von Ken Gampu, in einer Zeit als im südafrikanischen Alltag Passierscheine und Aufenthaltsgenehmigungen das Leben zwischen schwarz und weiß bestimmten, war ein Dorn im Auge der Mächtigen. Dieser Held, eine Kombination aus Shaft und J(ames) B(ond) und Träger des schwarzen Gürtels, wird als Beschützer einer Fußballmannschaft engagiert. Der Trainer wurde schon ermordet und weitere Drohungen gegen den Favoriten gehen ein. Ein geheimnisvoller Unbekannter geht über Leichen, damit die andere Mannschaft gewinnt. Doch als Joe Bullet sich einschaltet, um seine Freunde zu beschützen, bricht Angst unter den Gangstern aus. Produzent Tonie van der Merve nutzte für die Effekte auch seine notwendigen Arbeiten auf dem Bau, um Sprengungen und Fahrten mit Baumaschinen als Spannungselemente einzubauen.
   Regisseurin Emine Emel Balci erklärte uns im Filmgespräch, dass ihr "Nefesim kesilene kadar" (Until I Lose My Breath, 2015) ein internationaler Film sei, da er überall auf der Welt spielen könne. An ihre Arbeiten würde sie auch immer mit einen Fokus auf "women issues" herangehen. Der internationale Aspekt, den sie mit ihrer Tochter-Geschichte darstellt, wird durch die anonym gehaltene Stadt unterstrichen, in der die Protagonistin Serap lebt. In jeder Einstellung ist die junge Frau zu sehen, die sich allein durch die Welt schlagen muss, da sie an niemand andocken kann. Die Halbwaise arbeitet viel, um Geld für ein kleines familiäres Leben mit ihrem Vater zu sparen, doch der will seine Freiheit und sich nicht an seine Tochter binden. Sie soll bei ihrer Schwester bleiben, aber aus deren Wohnung flieht sie vor ihrem gewalttätigen Mann. Schüchtern und in keiner Jugendkultur verankert, scheint ihr karger Arbeitsplatz der einzige Ort, an dem sie wenigstens etwas Halt und Orientierung finden kann. Wie findet der Mensch das Leben lebenswert machende echte Freundschaften und angenehme sozialen Bindungen, trägt der Film als Frage in sich.

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