Mittwoch, 11. Februar 2015

Dienstag: zwanzig Länder per Containerschiffe, Troy im Bundesstaat New York

Arsenal, Prinzessinnengärten by Lilly Flowers
Auf riesigen Containerschiffen und Tankern ist die Regisseurin als Teil der Crew über die Meere geschippert und hat mit ihnen an zwanzig Ländern angelegt. Da es auf solchen Schiffen keine Passagiere gibt, reiste sie als Teil der Mannschaft, obwohl sie hauptsächlich filmte und dabei eine immense Menge an Material zusammentrug. Dadurch entstanden malerische und krachende Bilder von brechendem Eis, wie bei der Fahrt von Norwegen nach Japan, Schluchten zwischen gestapelten metallischen Containern bei rauhem Seegang und ruhige grüne vorbeiziehende Landschaften gesehen von Deck bei Sonnenschein. Dazwischen traf Regisseurin Evangelia Kranioti, die als gebürtige Griechin meist mit einer griechischen Reederei unterwegs war, auch auf viele männliche Crewmitglieder, die sich ein kleines Gemeinschaftsleben auf ihren langen einsamen Reisen an Bord gestalteten. Jeden Abend gab es ein gemeinsames Essen, danach einen Actionfilm und manchmal ein kleines Grillfest. Da in der heutigen Zeit das Be- und Entladen schnell gehen muss, bleibt nicht viel Zeit für den Landgang bis zum nächsten Auslaufen. Dies spüren auch die Frauen an Land, die in jedem Hafen auf die Seemänner warten. In einem Hafen in Chile traf Evangelia Kranioti auf die ältere Prostituierte Sandy, die ihr vom Warten auf die Rückkehr ihrer geliebten griechischen Seemänner erzählte. Für ihren dokumentarischen Film "Exotica, Erotica, Etc." schnitt die Regisseurin, die auch die Kamera geführt hat, zwischen dem Blick auf die großen Schiffe und der rauhen Natur, ihren Blick auf die an Bord arbeitenden Männer und die im Hafen wartenen Frauen, die zwischen Prostitution und Zuneigung zu diesen Seemännern stehen.
   Danach ging es in die Kleinstadt Troy, um die 50Td EinwohnerInnen, im Bundesstaat New York. Dort lebt die schon etwas ältere Helen mit ihrem Mann Roy, die eine Reborn Doll, auch als fake baby bezeichnet, wie ihr echtes Baby mit zum Einkaufen nimmt und jede Nacht aufsteht, um ihm eine Flasche zu geben. Wie die RegisseurInnen Rania Attieh und Daniel Garcia erzählten, war ihre Begegnung mit dieser Form der Puppen, die einem echten Baby täuschend ähnlich sehen und von manchen Frauen wie ein wirkliches Baby behandelt werden, ein Grund, den Fokus ihres Films darauf auszurichten. Die zweite Helen im Film lebt auch in Troy und geht zusammen mit ihrem Partner davon aus, dass sie schwanger ist. Es geschehen unerklärliche Dinge in der Stadt, es wird gesagt, ein Meteorit könnte eingeschlagen und deshalb würden sich einige Menschen merkwürdig verhalten, sie starren an Wände und manche verschwinden. "H." bringt dieses normale Leben in der Stadt Troy zusammen mit der Sehnsucht von zwei Frauen, die ein Kind als ein Teil ihres Lebens haben möchten. Die jüngere Helen bildet mit ihrem Mann zusammen ein KünstlerInnenehepaar, das durchaus den aggressiven Anteil in einer engen Beziehung in ihrer Kunst ausdrückt. Vor StudentInnen erklären sie, das sie als Paar einen schonungslos ehrlichen und offenen Umgang miteinander pflegen. Nach vierzig Jahren Ehe stellt Roy betrübt gegenüber einem Freund fest, dass er immer wieder seine Ehe mit Helen in Frage stellt, die so scheinbar harmonisch ist. Das KünstlerInnenehepaar trifft inzwischen der Schock einer möglichen Scheinschwangerschaft und lässt sie erstmal sprachlos in ihrer bis dahin perfekt designten intellektuellen Ehe zurück. Ein bisschen Science Fiction bringt die Beziehungsfragen, die hinter den alltäglichen Arrangements schlummern, in den Alltag und macht mehr Denkanstöße auf, als von der jungen Crew mit seinen fünf ProduzentInnen wahrscheinlich intendiert war...als ZuschauerIn kann man in der kühlen Winterlandschaft Troys so persönlich angesprochen, gut mitgehen, doch falls jemand mehr von Helenas Troja erwartet, wird ersiees außer ihrem Kopf nicht viel zu sehen bekommen. Dafür gibts ja dann andere Filme, die leider nicht immer diese Tiefe erreichen.

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